Vorwort der Künstlerin
In meinen Werken greife ich Erfahrungen auf, die in traumatischen Ereignissen wurzeln. Das kann der Verlust eines Menschen ebenso sein wie ein kollektives Schicksal. Meine Arbeiten laden den Betrachter, der sich in irgend einem Bezug zum Thema erfährt, dazu ein, an diese vergangenen Ereignisse wieder anzuknüpfen, ihnen dabei aber mit einem Blick zu begegnen, der nicht von Urteilen und Wertungen getragen wird. Denn nur, was in unverstellter Wahrnehmung geachtet wird, kann in seinem Tiefen auch verarbeitet werden. Und nur diese Verarbeitung kann verhindern helfen, dass das Trauma in verpackter Form weitergeschoben wird an nächste Generationen. Ich selbst konnte während der Schaffensphase von „Unerlöst” meine eigene Verbundenheit mit der deutschen Geschichte uneingeschränkt sehen und annehmen lernen.
Die Installation „Unerlöst” wurde erstmals in Dresden 2005 anlässlich des 60. Jahrestages der Zerstörung der Stadt ausgestellt. Hier hatte sie meine persönliche Verankerung. Meine Intention war aber nicht, das Werk auf diesen historischen Raum zu beschränken. „Unerlöst” greift als Werk jede Form von kollektiver Zerstörung auf, die von Menschen über Menschen gebracht wird. Auf diese Menschen schaue ich – mit ihren Impulsen zu zerstören und zu erschaffen, ihrem Trauern in Schweigen und in Mitteilung, der Unvermeidlichkeit der Verdrängung und Dringlichkeit, sich dem Ereignis wieder zu stellen. Das können die Betroffenen selbst sein oder aber spätere Generationen, die oftmals den Auftrag zur Verarbeitung von den Vorfahren übernehmen müssen.
Durch die Erfahrungen, die ich während der Ausstellung in Dresden machte, und durch meine Gespräche mit Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges entstanden weitere Arbeiten, die meine Installation vervollständigen.
Meine Kunstprojekte sind nicht rein museal konzipiert. Sie verlangen den richtigen Zeitpunkt und den richtigen Ort, um zugänglich gemacht zu werden – vor allem solchen Menschen, die vom Thema selbst betroffen sind. Die große Installation „Unerlöst” sucht für sich Orte, an denen eine kollektive Traumatisierung stattgefunden hat. Nach Dresden sind Sarajevo und New York im Gespräch – Orte, an denen meine Kunst ihr Anliegen, unerlöste Gefühle ans Licht zu bringen und einer heilsamen Betrachtung zu öffnen, besonders klar formulieren kann.